Das am 13. Juni 2025 erschienene Buch „Mensch, Wolf“ (ISBN 978-3-907095-96-6) legt Marcel Züger einen Beitrag zur öffentlichen Debatte über die Rückkehr des Wolfs in mitteleuropäische Kulturlandschaften vor. Das Werk versteht sich als fundierte Analyse, bleibt diesen Anspruch jedoch in wesentlichen Punkten schuldig.
Wissenschaftliche Defizite statt ausgewogener Betrachtung
Das Buch stützt sich überwiegend auf überarbeitete Beiträge aus journalistischen Quellen wie der Weltwoche, NZZ und verschiedenen Jagdmagazinen. Trotz gelungener Bildgestaltung mangelt es dem Text an wissenschaftlicher Tiefe und methodischer Transparenz. Zentrale ökologische Zusammenhänge – etwa die Bedeutung des Wolfs für Biodiversität und trophische Stabilität – werden entweder stark vereinfacht dargestellt oder gänzlich ausgeklammert.
Zügers Perspektive ist geprägt von einer idealisierenden Sichtweise traditioneller Landnutzung. Dabei werden moderne Konzepte wie Rewilding, Klimaanpassung oder integrativer Naturschutz kaum berücksichtigt. Wichtige Forschungsergebnisse zur Funktion großer Beutegreifer in Kulturlandschaften bleiben unberücksichtigt.
Mehrere Aspekte werfen Fragen zur wissenschaftlichen Validität auf:
Einzelereignisse werden zu allgemeinen Aussagen verdichtet.
Daten werden selektiv zitiert oder unvollständig kontextualisiert.
Sprachlich wird häufig auf emotionalisierende und suggestive Formulierungen zurückgegriffen.
Problematisch ist auch die teilweise anthropomorphe Darstellung von Wolfsverhalten, die wissenschaftlich nicht haltbar ist und unbegründete Ängste verstärken kann.
Zwischen Meinungsbeitrag und Analyse
„Mensch, Wolf“ bietet lesenswerte historische Perspektiven sowie einen Einblick in das ländlich-konservative Wolfsbild. Als wissenschaftlich fundierter Beitrag zur komplexen Frage der Koexistenz von Mensch und Wildtier überzeugt das Werk jedoch nicht. Es leistet wenig zur Versachlichung der Debatte und trägt tendenziell zur weiteren Polarisierung bei.
Notwendigkeit einer faktenbasierten Debatte
Die Rückkehr des Wolfs wirft berechtigte Fragen für Landwirtschaft, Naturschutz und Gesellschaft auf. Um tragfähige Lösungen zu entwickeln, bedarf es jedoch einer ausgewogenen, differenzierten Auseinandersetzung auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse. Diese bleibt mit Zügers Buch weiterhin ausstehend.